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Ausstellungen

Die Neue Sachlichkeit – Ein Jahrhundertjubiläum

Bald ist es soweit: Eine Ausstellung, über die in den letzten Wochen schon viel geschrieben und gesprochen wurde, feiert ihre Eröffnung und „Die Neue Sachlichkeit“ ist endlich anzusehen! Gustav F. Hartlaub (1864–1963), der zweite Direktor der Kunsthalle Mannheim, gab mit der von ihm 1925 kuratierten Schau „Die Neue Sachlichkeit – Deutsche Malerei seit dem Expressionismus“ einer ganzen Strömung innerhalb der Malerei des 20. Jahrhunderts einen prägnanten, bis heute weltweit verwendeten Namen. Weit über diese kunsthistorische Bedeutung hinaus ist der Begriff zum Synonym für den kulturellen Aufbruch der 1920er-Jahre und die in Malerei und Grafik, aber auch in Architektur, Design, Fotografie oder Literatur zu beobachtende Rationalität und sachliche Präzision geworden. Gleichzeitig wurde kaum eine künstlerische Entwicklung derart kontrovers diskutiert. Der dafür gefundene Begriff subsumierte eine Vielzahl von widersprüchlichen Erscheinungsformen und künstlerischen Haltungen. Auch die von Hartlaub eingeführte Unterscheidung in einen „linken“ und einen „rechten“ Flügel spiegelte das gesamte Spektrum nur unzureichend wider. Einig war man sich darin, die neue Kunst als Folge des Expressionismus und in Abgrenzung zu diesem zu definieren. Gleichzeitig war es Konsens, dass der neue Stil eine Folge des Krieges mit all seinen Auswirkungen war – und zugleich auch ein Reflex auf die Umbrüche und Krisen der Jahre danach. Bereits in der Weimarer Republik wurde dieses disziplinübergreifende Phänomen als Zeitbewegung oder Epochengefühl wahrgenommen. Vielleicht war dies letztlich der Grund, warum die historische Ausstellung und ihr Titel so erfolgreich und wegweisend werden konnten.

Die große Jubiläumsausstellung gliedert sich in verschiedene Themenbereiche, bei denen das damalige Ausstellungskonzept hinterfragt und auch kritisch ergänzt wird. Gleichzeitig wird das politische Klima des aufkommenden Nationalsozialismus thematisiert. Mehr als 230 Arbeiten von 124 Künstlerinnen und Künstlern werden zu sehen sein. Dabei stehen Themen wie das Zeitgeschehen, der Alltag der Menschen, die Industrialisierung, eine neue Mobilität, das Menschenbild und die neue Rolle der Frau sowie Porträts, Stillleben und Landschaften im Mittelpunkt.

Auch wenn es zur historischen Ausstellung keine fotografischen Raumaufnahmen gibt, lassen sich mittlerweile 112 der damals 132 gezeigten Arbeiten anhand von Fotos belegen und geben erstmals derartig umfangreich Aufschluss über das Konzept. Der Blick in die Ausstellung von 1925 erfolgt vor allem in digitaler Form, da viele der gezeigten Objekte heute entweder zerstört, nicht ausleihbar oder unauffindbar sind. Gleichzeitig wird eine Auswahl damals in Mannheim zu sehender Spitzenwerke aus den Beständen der Kunsthalle oder als Leihgaben anderer Museen Teil der Ausstellung sein und einen Querschnitt durch die historische Schau bieten.

In die Jubiläumsschau wird nun auch das einbezogen, was Hartlaub vor 100 Jahren nicht wahrgenommen oder auch ausgeschlossen hat. So war 1925 keine einzige Künstlerin vertreten. Dies lag einerseits daran, dass Frauen im damaligen Kunstbetrieb benachteiligt waren; andererseits befand sich das Werk einiger neusachlich malender Künstlerinnen um 1925 erst in der Entwicklungsphase und entging so Hartlaubs Aufmerksamkeit. Er verzichtete, vermutlich aus organisatorischen Gründen, mit ganz wenigen Ausnahmen bewusst auf einen Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus, wenngleich die Hinwendung zu einer gegenständlichen Formensprache kein auf Deutschland beschränktes Phänomen war. Um dies beispielhaft zu zeigen, werden in der Ausstellung auch internationale Werke präsentiert.

Auch wenn sich schon Mitte der 1920er-Jahre abzeichnete, dass die neusachliche Bildsprache immer stärker in einen neuromantischen, rückwärtsgewandten Stil überging, bedeutete die Machtergreifung der Nationalsozialisten eine Zäsur, die die Kunst, aber auch das Schicksal der Künstlerinnen und Künstler nachhaltig und oft dramatisch beeinflusste. Dies wird anhand ausgewählter Beispiele nachzuvollziehen sein. Hartlaub selbst, zu seiner Zeit einer der avantgardistischsten Museumsvertreter, wurde 1933 von den Nationalsozialisten seines Amtes enthoben. Zahlreiche seiner Erwerbungen moderner Malerei wurden 1937 von den Machthabern als „entartet“ beschlagnahmt und gingen dem Museum verloren. Auch daran soll erinnert werden.

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