Ausstellungen
Foto im Fokus: Biennale für aktuelle Fotografie & OFF//FOTO
Eröffnung OFF//FOTO: 02.09., 19 Uhr, dasHaus, Ludwigshafen, 03.09.-05.11., alle Orte, Teilnehmer und Workshops: www.off-foto.info Eröffnung Biennale: 08.09., 19 Uhr, Port25, Mannheim, 09.09.-05.11., www.biennalefotografie.de
Neu in der Kulturlandschaft der Metropolregion Rhein-Neckar taucht in diesem Herbst die „Biennale für aktuelle Fotografie“ auf – aber ganz neu ist sie nicht, sondern der Nachfolger des „Fotofestival Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg“. Gastkuratoren beleuchten hier wichtige Tendenzen der zeitgenössischen Fotografie und beziehen dabei sieben Ausstellungshäuser in Heidelberg, Ludwigshafen und Mannheim mit ein. Ausstellungen gibt es in Ludwigshafen im Kunstverein und im Wilhelm-Hack-Museum, in Heidelberg in der Sammlung Prinzhorn und ebenfalls im Kunstverein sowie in Mannheim im Zephyr – Raum für Fotografie, im Port25 und in der Kunsthalle Mannheim, genauer: in deren Ausstellungs-Ableger im Wasserturm, da die Kunsthalle selbst ja momentan noch (Um-)Baustelle ist. Sieben Häuser, sieben Euro Richtpreis – aber wie viel eine gesehene Ausstellung wert ist, darf jeder Besucher selbst entscheiden; die freiwillige Bezahlung in selbst festzulegender Höhe geschieht am Ende des Ausstellungsbesuchs nach dem „Pay What You Want“-Prinzip.
„Farewell Photography“ titelt die Biennale 2017, denn die Welt der Bilder ist in Bewegung. War die Fotografie einst ein physisches Objekt, ist sie heute ein Datensatz, leicht zu teilen, aber schwer zu kontrollieren; leicht zu löschen, aber schwer aus der Welt zu tilgen; leicht zu manipulieren und leicht zur Manipulation zu verwenden. Einen Blick zurück in vergangene Zeiten wirft das Wilhelm-Hack-Museum in „1x1 der Kamera“: Nicht die Außenwelt, sondern das Innere der Kamera, die Logik der Fotografie selbst wird in den gezeigten künstlerischen Arbeiten zum Thema. „Das stille Bild verlassen – Wie hoch, breit, tief und wie flexibel ist ein Bild?“ fragt die zweite Ausstellung am selben Ort. Die Künstler, die hier vorgestellt werden, experimentieren mit Bildsprachen, Perspektiven, Installationsweisen, mit der zeitlichen Dimension von Fotografie und ihrem performativen Potenzial. „Kein Bild ist eine Insel“ (Port25) in einer Zeit, wo jeder Schnappschuss unmittelbar auf sozialen Plattformen geteilt werden kann; doch was verraten Portraits über die Portraitierten – und was verraten sie nicht? „Wer bist du? Das bist du!“ in der Sammlung Prinzhorn prüft, wie viel sich anhand von Abbildungen, beispielsweise historischen Patientenfotografien aus Akten, über eine Person sagen lässt. „Widerständige Bilder“ (KV Heidelberg) untersucht die kontroverse Präsenz des fotografischen Bildes in der politischen Sphäre; „Global Players“ (KV Ludwigshafen) thematisiert den Zusammenhang von Fotografie, Globalität und Ökonomie und zeigt dazu u.a. private Bilder aus Fotoalben von „Gastarbeitern“. Im Zephyr geht es um „Beweis und Zeugenschaft“, den Zusammenhang zwischen fotografischer und inhaltlicher Perspektive, zwischen der Ausrichtung der Kamera und der Haltung hinter der Kamera, kurz: um die „Einstellung hinter der Einstellung“ je nachdem, ob Nachrichtenbild, Polizeiaufnahme oder privates Foto von ein und demselben Ereignis. Der fotografische Bestand der Kunsthalle Mannheim ist schließlich Ausgangspunkt für die neue Arbeit von Arno Gisinger – jener reflektiert unter dem Titel „Gespenstergeschichten“ über die historischen Ausstellungen der Kunsthalle und gestaltet eine großformatige Projektion an den Wänden des Wasserturms, die räumlich durchschritten und aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden kann. Drei Außenraumprojekte ergänzen die Ausstellungen: „Bundestagswahl – Meinungskampf in den sozialen Medien“ verknüpft die aktuellsten Twitter-, YouTube- und Instagram-Posts zur Bundestagwahl zu einer wilden TV-Installation und trägt so den Wahlkampf aus den Echokammern von Social Media zurück in die Thalia-Buchhandlung am Mannheimer Paradeplatz; „Newsroom / Editing the Flow“ von Andreas Langenfeld (C-Hub MA u.a. Orte) widmet sich den Filter-Prozessen innerhalb der ungeheuren Masse produzierter Bilder in den Bildagenturen und Bildredaktionen internationaler Medien, und Adrian Sauer erläutert mit seinem „Glossar“ Phänomene, die den digitalen und visuellen Alltag prägen (S-Bhf. Ludwigshafen Mitte/Passage Walzmühle, LU).
Doch ist die Biennale beileibe nicht das einzige Ereignis, das den Herbst zum Foto-Herbst macht: Parallel findet auch die dritte Auflage von OFF//FOTO statt, die zu den großen Namen auch die freie Szene und junge Fotokünstler mit neuen Tendenzen ins Visier nimmt. Was gefällt, entscheiden hier die Besucher – im Unterschied zu den kuratierten Ausstellungen der Biennale. OFF//FOTO setzt auf Vielfalt und Heterogenität, auf Nischen und temporär genutzte Räume wie ein ehemaliges Wohnhaus, ein leerstehendes Ladenlokal oder auch ein Hotel, die im Zusammenspiel mit den dort gezeigten Bildern eine ganz eigene Anziehungskraft entfalten. Man geht raus aus den großen Ausstellungshäusern und – zumindest teils – auch raus aus den großen Städten: Ladenburg, Viernheim, Worms oder ein offenes Feld in Dannstadt-Schauernheim sind ebenso Schauplatz des Festivals wie Räumlichkeiten in Mannheim, Heidelberg und Ludwigshafen.
In der Faszination für das Medium Fotografie ist man sich auf jeden Fall einig – und Kooperationen liegen auf der Hand: Die gemeinsame Lange Nacht der Fotografie am Sa, 23.09. bündelt sämtliche Ausstellungen rund ums Foto bis in die Nacht hinein, ergänzt durch Art-Talks, Art-Lounge, Führungen, Konzerte und eine „Tour de Photo“, und in einem Workshop-Programm können beispielsweise alte fotografische Verfahren wie die Ambrotypie, die Cyanotypie oder das Kollodium-Nass-Verfahren erlernt, Genres vertieft und theoretisches Wissen erweitert werden.