Ausstellungen
Wilhelm-Hack-Museum: Zeiten des Aufbruchs
Am 06. April eröffnet eine neue Sammlungspräsentation im Wilhelm-Hack-Museum, die sich der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen am Anfang des 20. Jahrhunderts widmet. Kunst und Kunstschaffende wollten mehr als die Welt abzubilden und zu interpretieren. Sie wollten die Welt verändern und gestalten! Seien es die russischen Konstruktivisten, die Futuristen in Italien, das Bauhaus in Deutschland oder die Gruppe De Stijl in den Niederlanden: Zeitgleich manifestierten die Künstlerinnen und Künstler einen Aufbruch und eine radikale Veränderung in der künstlerischen Gestaltung, die damit auch die Welt verändern sollte. Im Herbst 2023 eröffnet „Re-inventing Piet. Mondrian und die Folgen“, eine Ausstellung in Kooperation mit dem Kunstmuseum Wolfsburg. Die aktuelle Sammlungspräsentation nähert sich thematisch an dieses Projekt an und begleitet durch eine der stärksten und fruchtbarsten Epochen der Kunstgeschichte. Mehr hierzu erzählt die Sammlungskuratorin Anne Bossok im Interview.
Delta im Quadrat: Erzählen Sie mir von der Entwicklung der Ausstellungskonzeption! Wie lange hat es gedauert und wie kamen Sie darauf, zwei Ausstellungsprojekte aufeinander abzustimmen?
Anne Bossok: Noch bevor klar war, dass ich die Leitung der Sammlung für eine Zeitlang als Elternzeitvertretung übernehmen würde, stand die Kooperation mit dem Kunstmuseum Wolfsburg in den Startlöchern. Als dann im Spätsommer 2022 feststand, dass ich die Neukonzeption der Sammlung übernehmen würde, war für mich recht schnell klar, dass es etwas sein würde, das sich inhaltlich an das bereits bestehende Ausstellungsprogramm für 2023 anlehnt. Unsere fantastische Sammlung bietet viele Möglichkeiten für einen neuen Blick auf die Sammlung. So habe ich begonnen, mich mit den Parallelen zu Mondrian noch einmal näher zu beschäftigen.
DiQ: Können Sie auf den Titel „Zeiten des Aufbruchs“ näher eingehen?
AB: Zeiten des Aufbruchs entspringen meist aus einer Krise heraus. Von etwa 1905 bis in die 1920er spielte die russische Avantgarde eine entscheidende Rolle im Prozess der kulturellen und gesellschaftlichen Erneuerung. Das Streben nach einer kollektiven und universellen Bildsprache war sowohl von einer romantisch-mythischen als auch von einer technikbegeisterten Haltung getragen, die mit einer Vorliebe für Utopien einherging. In diesem Kontext standen die russischen Künstlerinnen und Künstler in regem Austausch mit den verschiedenen avantgardistischen Kunstströmungen Westeuropas, deren Entwicklung wir in der kommenden Sammlungspräsentation nachzeichnen werden.
DiQ: Es werden Werke aus der Sammlung in einer neuen Zusammenstellung gezeigt – gibt es da viel Neues zu entdecken?
AB: Die Neukonzeption der Sammlung umfasst Highlights aus unserer Sammlung, die vor allem im Bereich der Malerei, Grafik und Skulptur angesiedelt sind. Es werden Werke zu sehen sein, die schon länger im Depot sind, und wiederum Gemälde, die regelmäßig in unseren Ausstellungen zu sehen waren, aber im Kontext einer anderen kunsthistorischen Erzählweise. Neben alten Bekannten wird es auch Neu- und Wiederentdeckungen geben wie beispielsweise Wilhelm Morgner, Ljubow Sergejewna Popowa oder Robert Delaunay.
DiQ: Was finden Sie persönlich als Museumsbesucherin besonders spannend?
AB: Es braucht immer eine Bewegung, um eine Gegenbewegung zu schaffen – wenn ich durch die Museen unserer Zeit gehe, sind Ausstellungen, die einen subtil durch kunsthistorische Diskurse oder künstlerische Entwicklungen führen und man dabei oder im Rückblick sieht, dass alles durch das andere bedingt ist, für mich besonders spannend!