Bühne
Der Mannheimer Sommer am NTM – Jan Dvorak im Interview
Jan Dvorak ist studierter Komponist und Dirigent. Zum Theater kam er über den Umweg des inszenierten Konzertes – einer Leidenschaft, der er bis heute z.B. im Rahmen des „Musiksalons“ und des „Mannheimer Sommers“ am NTM frönt. Neben eigenen Musiktheaterprojekten und Opern, unter anderem mit seiner Kompanie „Kommando Himmelfahrt“ oder dem renommierten Regisseur Philipp Stölzl, hat er sich immer wieder für die Operndramaturgie und das Kuratieren von Reihen engagiert. Auch nach Ende der drei Jahre, die er mit Albrecht Puhlmann nach Mannheim ging, bleibt er der Stadt und dem Theater eng verbunden. Als künstlerischer Leiter des „Mannheimer Sommers“ (27.06.-07.07.) bringt er alles zwei Jahre frische Impulse und internationale Kunst an das traditionsreiche Haus. Wir sprachen mit ihm über das „internationale Festival für Musik und Theater von Mozart bis heute“, das im Wechsel mit den Schillertagen den Sommer im Delta bereichert.
Delta im Quadrat: Wie spiegelt das diesjährige Programm des Mannheimer Sommers Ihre künstlerische Vision wider?
Jan Dvorak: Das Programm ist geprägt durch Visionen – und den Zufall. Durch die Sanierung des Stammhauses mussten wir uns nämlich nach Ersatzspielstätten umsehen und entschieden uns dazu, den Schwerpunkt nach Schwetzingen zu verlagern. „Ersatzspielstätte“ – was für ein hässliches Wort! Die Schönheit und Bedeutung der Schwetzinger Schlossanlage ist umwerfend – und hatte entscheidenden Einfluss auf unser Programm.
DiQ: Wie tragen die Darbietungen zur kulturellen Landschaft Mannheims bei?
JD: Schon im 18. Jahrhundert ging der Mannheimer Hof im Sommer nach Schwetzingen. Dort wurde lustgewandelt und gefeiert – mit internationalen Gästen wie Voltaire. Dort wollen wir anschließen und sind sicher, dass sich Mannheim diese Chance nicht entgehen lässt. Ein Indiz: Unser „Don Giovanni“ ist schon beinahe ausverkauft!
DiQ: Auf welcher Grundlage wählen Sie die Teilnehmenden und die Performances für den Mannheimer Sommer aus?
JD: Ausgangspunkt war das „Fest“ als utopische Verschmelzung von Künsten und Menschen. Von diesem Gedanken, der auch bei Mozart stark ausgeprägt ist, kamen wir dazu, Konzerte und Performances anzufragen, die lustvoll und kreativ mit neuen Formaten spielen: Björk als Streichquintett, Mozart als Partymusik (Foto © Vincent Stefan), ein Maskenball als Musiktheater-Inszenierung…
DiQ: Welche Rolle spielen dabei lokale und internationale Einflüsse?
JD: Natürlich gibt es lokale Künstlerinnen und Künstler, die wir ins Programm integrieren: das Nationaltheater-Orchester, die Ensembles, aber auch Bands wie „Get Well Soon“ oder das „Haz’art-Trio“. Entscheidend ist für das Festival aber die Mischung mit internationalen Projekten: Dieses Jahr haben wir u.a. israelische, belgische und amerikanische Produktionen dabei. Und die Argentinierin Cecilia Arditto hat sogar eine neue Oper für uns komponiert!
DiQ: Welche speziellen Herausforderungen ergeben sich bei der Planung und Durchführung eines multidisziplinären Festivals wie dem Mannheimer Sommer, insbesondere an den verschiedenen Veranstaltungsorten?
JD: Wir mussten für Schwetzingen eine komplett neue Infrastruktur aufbauen, weil die Bühnentechnik des NTM mit der Einrichtung der Ersatzspielstätte „OPAL“ beschäftigt ist. Auch der Denkmal- und Naturschutz im Schwetzinger Garten ist anspruchsvoll. Aber: es klappt! Dank toller Zusammenarbeit mit dem Schloss und einem großartigen Team.
DiQ: Wie fördert der Mannheimer Sommer den Dialog und die Interaktion zwischen Bühne und Publikum? Gibt es besondere Veranstaltungen, die darauf abzielen, die Gemeinschaft zu stärken?
JD: Tatsächlich haben wir passend zu unserem Motto „Lasst uns feiern!“ viele interaktive Produktionen im Programm: Der Maskenball, die Orchesterkaraoke, die Mozart Dance Explosion, die Parkmusik sind Kunstprojekte, die ohne die Mitwirkung des Publikums nicht auskommen. Kunst diskutiert und schafft Gemeinschaften, das ist so wichtig.
DiQ: Der Mannheimer Sommer ist bekannt für seine internationale Besetzung. Wie beeinflusst diese grenzüberschreitende Ausrichtung die Auswahl der Programme?
JD: Die sogenannte „Freie Szene“ in Musik und Theater ist inzwischen sehr, sehr international. Das Stadttheater naturgemäß weniger. Ich glaube, daher ist der Kontakt in jedem Fall inspirierend!
DiQ: Welche Entwicklungen und Neuerungen planen Sie für die zukünftigen Ausgaben des Mannheimer Sommers?
JD: Die nächste Ausgabe 2026 wird den OPAL am Luisenpark als Mittelpunkt haben. Da werden wir wieder ganz neu denken müssen. Aber gerade das macht es spannend!
DiQ: Gibt es bestimmte Ziele, die Sie erreichen möchten?
JD: Ja, die gibt es! (lacht) Aber die halte ich wohlweislich geheim.
DiQ: Und gibt es persönliche Favoriten oder besondere Highlights in diesem Jahr, die Sie unseren Leserinnen und Lesern besonders empfehlen würden?
JD: Als Festivalleiter liebe ich einfach alle Produktionen. Daher haben wir die Veranstaltungen so gelegt, dass man bei einem Ausflug nach Schwetzingen drei bis vier Sachen nacheinander anschauen kann. Das ist intensiv und schön! – Und dann am Ende eines langen Kunstabends sehen wir uns im Festivalzentrum!