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Bühne

lesen.hören 12

23.02.-11.03., Alte Feuerwache, Mannheim, Komplettprogramm: www.altefeuerwache.com

Bald rascheln wieder die Buchseiten bei Mannheims alljährlichem Literaturfest: Die zwölfte Auflage von „lesen.hören“ geleitet mit Lesungen und Artverwandtem in den Frühling. Literaturvorstellungen sind ja gut befreundet mit angrenzenden Genres – ein wenig Musik, Performance oder Schauspiel fügt den Worten weitere Nuancen hinzu und erschafft im besten Falle etwas Neues, das viel mehr ist als die Summe seiner Teile. Und das Schöne an der Literatur – und an der Arbeit an einem Festivalprogramm! – ist, dass man aus einer Fülle an angrenzenden Künsten schöpfen kann. Denn wie die Programmkoordinatorin Katharina Tremmel augenzwinkernd sagt: „Das selbstständige Lesen von Büchern trauen wir unserem Publikum durchaus zu. Es darf also ruhig ein bisschen mehr sein!“ Dieses „ein bisschen mehr“ zeigt sich in verschiedenstem Gewand: „Gleich zur Eröffnung werden einige Autoren und die Schauspielerin Hannelore Hoger die verstorbene Silvia Bovenschen würdigen. Sasha Marianna Salzmann und Necati Öziri sind in der Berliner Theaterszene zuhause – von denen lässt man sich am besten einfach überraschen. Thorsten Nagelschmidt kommt aus der Punk-Ecke, Stichwort Muff Potter, das verspricht literarischen Rock’n’Roll auf der Bühne. Tankred Dorst war einer der letzten großen Bühnenautoren – und ein ganz bezaubernder noch dazu. Für seinen Abend wurden die Schauspieler Elisabeth Trissenaar und Heikko Deutschmann eingeladen. Und beim Karneval der Tiere stehen sowohl eine hochkarätige Schauspielerin, Katja Riemann nämlich, als auch ein kleines Orchester auf der Bühne.“ 

Gefragt nach ihren persönlichen Höhepunkten muss die Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit kurz nachdenken: „Höhepunkte im Programm zu benennen ist vor allem deshalb so schwierig, weil jeder Abend aufgrund seines Inhalts, der Besetzung und der Relevanz nicht vergleichbar ist mit den anderen. Für mich persönlich ist der Abend für politisch Verfolgte mit Dogan Akhanli sehr wichtig – dass er nach Mannheim kommen und über seine Haft-Erfahrungen sprechen kann, ist ganz klar ein Höhepunkt. Thomas Quasthoff einmal in einer ganz anderen, sehr persönlichen Rolle zu erleben – der Bariton bringt die Bücher mit, die sein Leben prägten – ist ein weiterer Höhepunkt. Und werden wir doch auch konkret: Im Vötzchen-Abend mit Angela Steidele (so lautet unser Arbeitstitel für den 25.02.) geht es um Unmengen an Höhepunkten, welche die englische Adlige Ann Lister ihren diversen Liebhaberinnen im 19. Jahrhundert beschert hat!“ 

Viele Jahre war Roger Willemsen Schirmherr des Festivals; seit seinem Tod muss es ohne ihn weitergehen. Wie offen oder verborgen sind seine Spuren wohl im zweiten Jahr ohne ihn? Katharina Tremmel blickt zurück: „Roger Willemsen war seit Beginn an Schirmherr, in den letzten Jahren auch Programmleiter und damit inhaltlich voll verantwortlich. Ihm waren mehrere Dinge wichtig, die – wenn ich so drüber nachdenke – eigentlich auch ihn persönlich beschreiben: Für ihn war es immer ein Versprechen, das er dem Publikum geben wollte. Dass wir es bestmöglich informieren, unterhalten und fordern. Literarische Qualität ist ein Kriterium. Reine Autorenabende haben wir mit Hanns-Joseph Ortheil, Mariana Leky oder Felicitas Hoppe im Programm. Ein anderes Kriterium ist Relevanz, vor allem gesellschaftlicher und politischer Art. Dieser gehen wir nach in den Abenden zum Thema europäische Fluchtgeschichte, zur Lage der Nation, zu den politisch Verfolgten. Und schließlich haben wir eine Menge feingeistig Humoriges bis hin zum abgründig Verdorbenen im Programm: die schon erwähnte Angela Steidele, den Minnesang-Abend mit Jan Wagner, in Thomas Quasthoff sehe ich auch dieses Potenzial, und natürlich im Karneval der Tiere mit Willemsens Textfassung als heiteren Festivalabschluss. Das sind die offenen Spuren, würde ich sagen. Eher weniger offensichtlich sind Autoren wie Ilija Trojanow, die nicht zum ersten Mal zu Gast sind. Roger Willemsen hat Hannelore Hoger sehr verehrt, doch finden wir erst jetzt eine passende Gelegenheit, sie in das Festivalprogramm einzubeziehen. Katja Riemann und Bettina Böttinger waren ihm freundschaftlich verbunden, und vor allem ist da Insa Wilke, die nach Rogers Tod die Programmleitung übernommen hat. Im Grunde hat Roger ihr die Programmarbeit schon übergeben, während wir noch zusammen in den Vorbereitungen für „lesen.hören 10“ waren. Als klar war, dass er es nicht mehr schaffen kann. Und schließlich sind da noch wir, das Team der Alten Feuerwache, und unser Publikum, in dem Roger seine Spuren im Verborgenen hinterlassen hat. Er hat uns infiziert mit seinem Enthusiasmus, seiner Neugier und auch seinem Anspruch an ein Literaturfestival.“

Weil Neugier, Enthusiasmus und der Spaß an der Literatur im Grunde beginnen, sobald ein junges Menschlein sein erstes Buch in seinen Händen halten kann, wird natürlich auch der Lesenachwuchs ordentlich gefüttert: Für Kinder und Jugendliche werden insgesamt 14 Lesungen von der Leseshow über die musikalische Lesung bis hin zur Mitleselesung angeboten. Folgende Autoren sind bei „lesen.hören 12“ zu Gast: Andrea Liebers, Tobias Steinfeld, Anja von Kampen, Andreas Hüging, Kai Pannen, Irene Margil, Ferdinand Lutz und Dominik Müller, Thilo Reffert, Mehrdad Zaeri und Christina Laube, Tobias Krejtschi, Daniel Napp und Matthias von Bornstädt. Und bei den drei Familienveranstaltungen kommen Menschen jeden Alters auf ihre Kosten: Paul Maar stellt „Schiefe Märchen und Schräge Geschichten“ vor; „Herr Hering, die liebe Frau Gerburg und die Jazzband“ beantworten im zweiten Teil ihres turbulenten Musiktheaterstücks „Jazz für Kinder“ viele spannende Fragen über diese Musik, ihre Geschichte und die Instrumente, und abschließend liest Britta Sabbag aus „Die kleine Hummel Bommel und die Liebe“. Danach müssen die Lesefreunde wieder selbst ran ans Buch – mit vielen frischen Inspirationen und hoffentlich noch viel mehr Lust am Lesen! Oder am Hören, denn das Hörbuch gibt’s ja schließlich auch...

 

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