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Leben im Delta

Dario Fontanella – Erfindergeist mit Leidenschaft

Spätestens, seitdem zum 50. Jubiläum die Zeitungen in aller Ausführlichkeit darüber berichteten, weiß wohl jeder: Das Spaghetti-Eis hat seinen Ursprung in Mannheim. In einem Interview mit Delta im Quadrat erzählt uns Dario Fontanella, der Erfinder des Kult-Klassikers und Inhaber der wohl bekanntesten Eisdiele Deutschlands, von seinem Werdegang, der langen Familientradition und der Philosophie seines Schaffens.

Delta im Quadrat: Herr Fontanella, viele Mannheimer kennen Sie und Ihr Spaghetti-Eis. Für alle anderen aber erzählen Sie doch bitte kurz etwas über sich und Ihren Lebensweg...


Dario Fontanella: Geboren bin ich in Mannheim, mein Vater ist Italiener und meine Mutter Deutsche. Ich bin in Italien eingeschult worden und bin dort auch Skirennen gefahren. Dabei hatte ich als 17-Jähriger im Winter 1969 die Möglichkeit, ein Dessert namens „Mont Blanc“ zu verkosten. Die Form faszinierte mich: Berge von braunen Schnüren mit einer Zuckerhaube – ein Kastanienpüree, das durch eine Kartoffelpresse ging. Das wollte ich mit dem Eis meines Vaters probieren! In den Osterferien 1969 war ich in Mannheim. Ich habe mir von meiner Oma Geld geben lassen und wollte in ein Haushaltsgeschäft, um eine Kartoffelpresse zu kaufen. Dort entdeckte ich eine Spätzlepresse, die es in Italien natürlich nicht gab. Ich kaufte sie, um die italienische Fahne mit Pistazien-, Zitronen- und Erdbeereis zu inszenieren. Nach mehreren Versuchen hatte ich eine Portion farbige „Spaghetti“ und erst danach kam mir die Idee, das Ganze mit Vanilleeis herzustellen und mit „Tomatensauce“ abzurunden. Nach mehreren Versuchen habe ich mich für Erdbeerpüree entschieden, und für den Parmigiano nahm ich ein Osterei aus weißer Schokolade und rieb dieses über das Eis.

DiQ: Was waren für Sie die wichtigsten Meilensteine auf dem Weg zu ihrer Eismanufaktur?


DF: Die Leidenschaft, die mein Vater mir vermittelte, bekam er wiederum von seinem Vater Michelangelo. Die ganze Familie war immer in dieser Branche tätig. Mein Vater kam 1931 mit 20 Jahren nach Deutschland und eröffnete im April 1933 die erste Eisdiele in Mannheim. Die Leidenschaft für diesen Beruf wuchs in mir heran, weil ich genauso werden wollte wie er.

DiQ: Was macht für Sie die Faszination an Ihrem Beruf aus? Woher nehmen Sie Ihre Inspiration?

DF: Die Faszination liegt darin, dass man Naturprodukte in Eis verwandeln kann. Ich erlaube mir zu sagen, dass ich „in Eis denke“. Alles, was ich sehe und verkoste, verwandle ich in die Vorstellung, wie man daraus ein gutes Eis herstellen könnte. Inspirationen nehme ich auch aus der Geschichte: Welche Süßigkeiten gab es in der Renaissance oder im Barock? Wie kann man diese Merkmale vergangener Zeiten in Speiseeis umsetzen?

DiQ: Wie darf man sich einen klassischen Arbeitstag bei Ihnen in der Manufaktur vorstellen?

DF: Die Arbeit beginnt morgens um 8 Uhr. Zuerst wird ein Briefing gemacht und ein Tagesplan erstellt, für wen wir produzieren müssen, da wir auch die gehobene Gastronomie und Supermärkte beliefern. Daraufhin wird ein Eismix erstellt: Sorbeteis, Joghurteis, Milcheis, Cremeeis. Dann werden die Eismaschinen eingeschaltet und es wird produziert. Bei besonderen Aufträgen von gehobener Gastronomie verkoste ich nachmittags Eis und feine die Rezeptur ab, bis diese für mich optimal geworden ist.

DiQ: Was macht für Sie ein gutes Eis aus?

DF: Wenn in hygienisch einwandfreien, hellen und klimatisierten Räumen von Fachleuten mit Leidenschaft und Können ausgewählte Naturprodukte und Zutaten verarbeitet werden und durch traditionelle und moderne Methodologie mit hochwertigen Maschinen und Kältetechnik ein gesundes Gelato hergestellt wird ohne Unterstützung von industriellen Texturen und Geschmackstoffen. Bei einem optimalen Gelato kann man am Ende die verschiedenen Zutaten wie Milch, Sahne, Eigelb und Früchte herausschmecken – die verschiedenen Stufen der Geschmäcker lassen im Gaumen einen Dialog abspielen!

DiQ: Welche neuen Sorten erwarten Ihre Gäste in den nächsten Wochen? Und haben Sie eine persönliche Lieblingssorte?


DF: Das kommt darauf an, wie sich die Saison entwickelt. Demnächst wird es Waldmeister-Eis geben und da ich keinen Waldmeister in der Tube kaufe, kommt es immer darauf an, wie viel Waldmeister ich frisch vom Markt bekomme. Wir haben immer verschiedene Ideen – ein Schokoladeeis z.B., bei dem Sie im Abgang Lakritze schmecken, oder andere Sorten, die mit frischen Kräutern verfeinert werden. Gurke Zitrone Dill ist bei uns schon sehr bekannt, genauso wie Erdbeere mit Basilikum. Momentan hoch im Kurs steht das Bienenstich-Eis mit Honig und karamellisierten Mandeln oder das Goldene Milcheis, ein Mix aus Milch, Kurkuma und Ingwer im Abgang. Für mich ist es allerdings schwierig, eine spezifische Sorte zu favorisieren. Ich pflege immer zu sagen: Wie kann man einen Vater fragen, welches Kind sein Lieblingskind ist? Ich liebe mein Eis, denn mein Eis bin ich und ich bin mein Eis!

Eis Fontanella, Q4/5 und Intermezzo Q7, Mannheim, www.fontanella.de


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