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Leben im Delta

Eine Insel des Films

30.08.-17.09., Parkinsel Ludwigshafen, www.fflu.de

Eine Insel im Rhein, die Parkinsel mit ihren uralten hohen Bäumen, gibt erneut für mehrere Wochen dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen eine Heimat. Normalerweise ist es hier still und man hört nur das Geplätscher des großen Flusses. Bald aber schlendern Tausende Besucher durch die Zeltlandschaften des Filmfestivals, suchen einen Liegestuhl fürs Rheinufer, warten auf die Ankunft der Stars oder wollen ein Ticket kaufen für die Premieren in den beiden riesigen Kinosälen, die jeder über 1.200 Sitzplätze verfügen. Draußen die Schiffe, am Ufer die Stimmen der Menschen – es sei ein magischer Ort, ein Ort der Verzauberung, sagt man.

Mitten in der Natur bietet das Festival damit auch eine Kulisse für die Filmkunst, die ihr ähnlich sieht. Denn der Film lebt davon, dass seine Kunstform selber so wirkt, als sei echt, was man da sieht – so natürlich wie im wirklichen Leben. Wenn man aus dem Kino kommt, ist man vielleicht noch gar nicht draußen, sondern noch mittendrin im Film. Deshalb geht’s danach auch nicht gleich nach Hause, sondern man verweilt am Rheinufer, vielleicht im Liegestuhl, vielleicht mit einer Weinschorle oder einem Picknickkorb. Das Festival an diesem „magischen Ort“ ist ein Inbegriff der Verbundenheit von Natur und Kultur – weshalb es nicht verwundert, wenn dieses Arrangement auch den ganzen Veranstaltungszeitraum verändert: Weil das ständige Hochwasser im Frühsommer oft bis an die Zeltwände reichte, wird jetzt in sanfter Anpassung ausgewichen in trockenere Jahreszeiten. Damit die Besucher nur noch in die Tiefen der Leinwand eintauchen, findet das Festival in diesem Jahr vom 30. August bis 17. September statt.

Sie hätten noch kein Festival erlebt, das mit einer so wunderbaren Umgebung aufwarten kann, erklärten die Jury-Mitglieder im Juni 2007. In einer weitläufigen Zeltlandschaft mit Bars, Restaurants und Strandzelten tummeln sich über 30.000 Menschen der Metropolregion Rhein-Neckar, dazwischen Kamerateams und mit Stiften und Mikros bewaffnete Journalisten, denn auch die überregionale, nationale Presse begreift das Festival längst als wichtiges Branchenereignis. Vor allem aber ist es die Atmosphäre, für die alle schwärmen, die hier schon zu Gast waren: von Hannelore Elsner und Senta Berger über Volker Schlöndorff und Christian Petzold bis Klaus Maria Brandauer und Nina Hoss. Dieses neue Festival schließe eine Lücke, von der man erst jetzt begreife, wie groß das Bedürfnis danach gewesen sei, hieß es 2005 in der FAZ nach der ersten Auflage des Festivals – nämlich einen Ort für die Filmkunst zu schaffen, Kunst und Künstler in den Mittelpunkt zu stellen, und das im Kontext einer Filmbranche, die schon seit Jahren nur noch über Geld, Quoten und Marktstrategien redet. Über die eigentliche Kunst des Filmemachens – und das durchaus auch als Kunstfertigkeit in kaufmännischer Hinsicht –, darüber redet sie schon lange nicht mehr, oder zumindest eindeutig zu wenig: über das Warum, das Wofür und das Für-wen-überhaupt. Wo doch der deutsche Film als Autorenfilm immer davon gelebt hat, ein langes, nicht enden wollendes Gespräch der Filmemacher untereinander zu sein. Auf keinem anderen Festival dieser Größenordnung gibt es so lebhafte Filmgespräche im prall gefüllten Strandzelt, an denen Tausende Menschen bis spät in die Nacht teilnehmen. Rund 7000 Teilnehmer in über 30 Filmgesprächen waren es 2009, die Regisseure schwärmen von der Intensität, mit der man sich hier auf ihre Filme einlässt, und für Verleiher und Produzenten ist es eine wunderbare Gelegenheit, viel über die Wirkung ihrer Filme zu erfahren. 

Zwar stand das genaue Programm des Filmfestivals zum Redaktionsschluss noch nicht fest, wir werden es aber in der kommenden Ausgabe von „Delta im Quadrat“ ausgiebig behandeln, und natürlich ist es auch rechtzeitig online unter der Adresse www.fflu.de zu finden. Um doch schon vorab ein wenig mehr zu erfahren, was die Leinwandbegeisterten 2017 erwartet, und um einen persönlichen Eindruck zu erhalten, haben wir dem Direktor des Filmfestivals, Herrn Dr. Michael Kötz, einige Fragen gestellt.

DiQ: Herr Kötz, was macht das Besondere speziell dieses Festivals und der örtlichen Gegebenheiten aus?

FFLU, Michael Kötz: Dass man bei diesem Filmfestival eigentlich auch gleich Urlaub machen könnte. Der Ort ist es. Die Parkinsel mit ihren wunderbaren hohen Bäumen und der Blick auf den Rhein. Die unverhoffte Eleganz des Ortes in dieser Industriestadt Ludwigshafen – das macht den verblüffenden Effekt aus und bringt die Menschen zum Schwärmen. Es ist eine einzigartige Situation in einer ebenso einzigartigen Kombination. Denn dass es an einem solchen Ort dann rund 50 neue deutsche Filme zu sehen gibt, die wir handverlesen haben, und die vielen vielen Schauspieler und Regisseure sozusagen gratis dazu, das macht die Sache zu einer regelrechten Insel des Films in Deutschland.

DiQ: Ein paar Worte zur Geschichte… früher fand das Filmfestival ja mitten im Sommer statt, nun ist der Termin nach hinten gerückt – warum? Und welche Chancen ergeben sich daraus?

FFLU: Es sind wahrhaft natürliche Gründe, die dafür sorgen, dass wir den Juni/Juli verlassen haben und künftig am Ende des Sommers stattfinden, nämlich in der ersten Hälfte des Septembers. Im Frühsommer gibt es immer häufiger auch vollkommen unvorhergesehene Hochwasser des Rheins, und die drohen die Insel regelmäßig zu überschwemmen. 2016 fehlten noch ganze acht Zentimeter und das Filmfestival wäre aus Sicherheitsgründen am dritten Tag beendet worden. Wenn Sie jetzt noch dazu rechnen, dass wir den Großteil unseres Etats selbst erwirtschaften durch Tickets und Catering, dann können Sie sich ausrechnen, was solch ein Abbruch bedeutet hätte: nämlich schlicht das Ende der kleinen gemeinnützigen Festival-GmbH. Obwohl mancher sicher schon seinen Urlaub für September gebucht hatte und obwohl wir selber den Sommer damit fast komplett der Arbeit widmen müssen, gab es absolut keine Alternative zu dieser Entscheidung im letzten Jahr kurz vor Weihnachten. Übrigens ist 2017 überhaupt ein Jahr der Veränderungen. Denn wir sind jetzt das ganze Jahr über „Glücklich in LU“! Wir haben Büroräume in Ludwigshafen gesucht und ein ganzes Haus für uns in Friesenheim gefunden. Da können wir sogar vor dem Haus in der Sonne sitzen und unsere Pläne schmieden. 

DiQ: Welche Herausforderungen müssen noch gemeistert werden, bevor es losgehen kann? Was sind die Aufgaben, mit denen sich das Team jetzt gerade, gut zwei Monate vor dem Festivalbeginn, beschäftigt?

FFLU: Jetzt brummt es im Büro ­– und das nicht nur an den Werktagen. Denn jetzt muss alles auf einmal passieren: das Programm muss endgültig geschmiedet werden, ein 96-seitiges Programmheft muss gemacht werden, alle Aufbaupläne bis hin zu Sicherheitskonzepten müssen jetzt fertig werden, es müssen auch über 300 kurzzeitige Mitarbeiter beschafft werden, Strategien für die Öffentlichkeitsarbeit entwickelt werden und in wenigen Wochen müssen die ersten Zelte gestellt werden. Wer jetzt von uns verlangt, mal ein bisschen spazieren zu gehen, der muss mit mildem Lächeln rechnen.

DiQ: Was ist er Lieblingsfilm von Ihnen,  Herrn Dr. Kötz – und warum? Und vielleicht können Sie uns noch ein paar Eckdaten verraten zu dem, was 2017 zu erwarten ist?

FFLU: Ich habe vier Filme, die ich persönlich regelrecht liebe und wo ich die Leistung der Künstler wirklich bewundere. Aber die Titel verrate ich Ihnen nicht. Schließlich gibt es für die öffentliche Bewertung eine unabhängige Jury und die möchte mit Recht nicht vorher lesen, was sie gut finden soll. Und bei den insgesamt 54 Filmen des Programms ist kein einziger dabei, hinter dem wir nicht ebenso stehen würden! Die Filme sind wirklich handverlesen und wir präsentieren sie wie ein liebevoll zubereitetes Essen bei einer privaten Party. Ich glaube ja, dass dies das Erfolgsgeheimnis des Festival des deutschen Films ist – dass wir lieben, was wir tun, mit der ganzen gnadenlosen Ernsthaftigkeit des Liebhabers. Das ist in Zeiten der regelrechten Überfütterung mit Bewegtbildern auf den Bildschirmen vor allem, glaube ich, eine wichtige Abweichung. Wir kuratieren die Welt des Films, wir sortieren sie hinsichtlich des deutschen Films, wählen aus und präsentieren dann nur das, was sich unserer Meinung nach auch lohnt anzuschauen.

DiQ: Wie sehen Sie die Beliebtheit des Festivals aktuell?

FFLU: Für die anreisenden Künstler, Regisseure, Schauspieler, Produzenten, Verleiher und Funktionäre ist es ebenso schön wie für die normalen Besucher. Denn sie finden sich auf der Insel plötzlich vor über 1.000 Menschen in einem riesigen Kinozelt, und die jubeln auch noch meistens. Dadurch ist das Ludwigshafener Filmfestival auch zu einer Attraktion in der Branche geworden. Wir müssen niemanden mehr überreden, dass er auch kommen soll. Wer nicht kommt, der ist wirklich und tatsächlich verhindert. Das ist für uns eine besondere Freude bei der Arbeit – diese wunderbare Akzeptanz des Festivals, sowohl bei den Fachleuten wie bei den Menschen der Region. Das beflügelt unglaublich. Wir freuen uns auf unser Publikum, auf jeden einzelnen, der zu uns kommt auf unsere Insel des Films!


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