Leben im Delta
Franz & Lissy – ein neuer Raum für die Kultur
Und täglich grüßt das Murmeltier... bis zur Rente? Nein! Genau das Gegenteil nämlich verkörpert Eleonore Hefner, eine leitende Führungskraft in nicht nur einem, sondern gleich zwei Unternehmen und sowohl politisch aktiv als auch in der Region engagiert. Wir wollten mal genauer herausfinden, was sich hinter dem Kulturverein „Kultur-Rhein-Neckar“ und dem neuen Ludwigshafener Café „Franz & Lissy“ verbirgt und haben uns mit Frau Hefner im Rahmen einer Weinprobe getroffen.
Delta im Quadrat: Hallo Frau Hefner, können Sie sich und ihren Wirkungskreis kurz vorstellen?
Eleonore Hefner: Gerne. Seit vielen Jahren arbeite ich als Geschäftsführerin von Kultur-Rhein-Neckar. Gründungsanlass für den Kulturverein war ein deutsch-russisches Kulturaustauschprojekt, „Quattrologe“. Seit 1995 organisieren wir große und kleine deutsch-russische Kulturprojekte. Über 100 Künstlerinnen und Künstler sind seither zwischen Sotschi an der russischen Schwarzmeerküste und der Metropolregion Rhein-Neckar an genreübergreifenden Projekten beteiligt. Neben dem Kulturverein bin ich außerdem seit Kurzem auch Geschäftsführerin von „Franz & Lissy“ – dazu gleich mehr!
DiQ: Wie dürfen sich die Leser Ihre Arbeit beim KRN denn vorstellen?
EH: Der Fokus von KRN ist eindeutig Transkultur – wir loten aus, wo und wie Menschen mit unterschiedlichem kulturellem Background zusammen Neues schaffen. Ein gutes Beispiel dafür ist „creole“, ein Format, das Bands vorstellt, denen es gelingt, verschiedene Traditionen zu neuem Klang zu bringen. Solche Musik präsentieren wir z.B. beim „Inselsommer“, unserem Kultursommerfestival,das in ganz besonderem Maß zur Stadt passt, in der es stattfindet und in der KRNseine Geschäftsstelle hat: Ludwigshafen. Wir sind aber auch gerne in der Region aktiv, z.B. haben wir die Literarische Lese Freinsheim mitgegründet.
DiQ: Und welche Grundidee steckt hinter Franz & Lissy?
EH: Mit drei anderen Gesellschaftern, Gabriele und Hartmut Unger sowie Peter Hefner, arbeite ich an der Realisierung eines Traums: ein Café, in dem man sich trifft und austauscht, Kultur erlebt und selbst aktiv werden kann. Nun ist der Traum zur Wirklichkeit geworden: In der Ludwigshafener Liszt-Straße 176 entstand ein Raum für Kultur und Kulinarik, für Nachbarschaft und Begegnung. Und in klanglicher Anlehnung an die Adresse ergab sich denn auch der Name: „Franz & Lissy – Café. Kultur“.
DiQ: Wir sind uns sicher, da gibt es ein bestimmtes Konzept dahinter – verraten Sie uns, welches?
EH: Wir bieten eine frische, vorwiegend vegetarische regionale Küche an und lassen uns dabei creolisch inspirieren – die weit über 100 verschiedenen Nationen, die in der Region leben, bereichern schließlich den Speiseplan. Beispielhaft für eine Woche im August stehen auf der Karte als Tagesessen also Gnocchi mit Salbei-Haselnuss-Butter, Grünkern-Bratlinge mit Dip, ein Kartoffel-Soja-Goulasch, eine vegane Miso-Suppe oder Ludmillas Minestrone, dazu gibt es jederzeit kleine Snacks, Suppe, Salat und verschiedene Kuchen. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 12-20 Uhr, bei Veranstaltungen auch mal länger.
DiQ: Haben Sie Beispiele, was ihre Gäste erwartet, wenn sie das Café betreten?
EH: Im Café gibt es wechselnde Ausstellungen, aktuell ist Joëlle Oechsle mit „Seitby Side II“ zu sehen. In ihrer Fotografie-Ausstellung präsentiert sie Ludwigshafener Traditionsbetriebe. Im Oktober freuen wir uns auf Lilith Matevosyan, eine Fotografin aus Sotschi. Ihr Projekt „I had left my home early in the morning“ ist eine fotografischeRecherche zur Geschichte einer armenischen Familie.
DiQ: Wie sieht ein klassischer Arbeitstag bei Ihnen aus?
EH: Mein Arbeitsalltag ist derzeit nahe an einer Vision des jungen Karl Marx – der prophezeite, die „klassenlose Gesellschaft“ des Kommunismus werde gesellschaftliche Arbeit durch „freie Tätigkeit“ ersetzen. Sie werde jedem einzelnen ermöglichen, „heute dies, morgen jenes“ zu tun... wobei „frei“ natürlich ein relativer Begriff ist. Neben der Arbeit für den Verein und das Café versuche ich, meinem Amt als Stadträtin und kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Ludwigshafener Rat gerecht zu werden.
DiQ: Wie ist das für Sie, hier politisch aktiv zu sein?
EH: Eine Herausforderung, vor allem, wenn man im Bereich der sogenannten freiwilligen Leistungen in einer hochverschuldeten Stadt aktiv ist. Es ist skandalös,wie Bund und leider auch Land die Kommunen mit Pflichten fordern und gleichzeitignicht ausstatten. Ich befürchte, dass die Kämpfe nicht einfacher werden.Insbesondere die sogenannte „freie“ Kultur ist mit krassem Mangel an finanziellenRessourcen konfrontiert. Gleichzeitig wird sie für eine Gesellschaft, die sich auf super-divers hinbewegt, von hoher Bedeutung.
DiQ: Das klingt in der Tat nicht sehr stressfrei...
EH: Dennoch: das Theater geht weiter!
DiQ: Gibt es Aspekte Ihrer Arbeit, auf die Sie sich freuen, wenn Sie morgens aufstehen?
EH: Ich freue mich auf die vielen Veranstaltungen bei Franz & Lissy – gerade die kleineren Veranstaltungen schätze ich mit ihrer soziokulturellen Strahlkraft sehr.
DiQ: Apropos Veranstaltungen: Auf welche Highlights können wir uns denn freuen?
EH: Ein Highlight wird sicher wieder die Acoustic Guitar Night. Viele freuen sich auf Peter Finger, dessen Gitarrenspiel einfach fantastisch ist. Jedes Jahr schafft er es, uns mit seinen Gästen, Gitarrenspielern aus der ganzen Welt, zu begeistern.
DiQ: Wollen Sie uns noch etwas über den nächsten Inselsommer erzählen?
EH: Der nächste Inselsommer kommt - hoffentlich. Das hängt davon ab, ob wir genügend unterstützt werden. Wir sind zuversichtlich, dass die Kommune das Wahlkampfversprechen einlösen wird. Der Kultursommer Rheinland-Pfalz, die Sparkasse Vorderpfalz, die BKK, Ritter Sport und eine Anzahl privater Firmen sind uns verlässliche Partner. Gemeinsam kann es gestemmt werden – nicht zuletzt auch, weil bis zu 200 Helferinnen und Helfer sich auf der Parkinsel beim Inselsommer aktiv engagieren.
www.kultur-rhein-neckar.de, www.franz-und-lissy.de