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Leben im Delta

Kultur in Mannheim – ein Interview mit Thorsten Riehle

Kulturelle Vielfalt ist in Mannheim ein zentraler Bestandteil des städtischen Lebens, und Thorsten Riehle, Bürgermeister für Wirtschaft, Arbeit, Soziales und Kultur, engagiert sich stark für ihre Förderung. In diesem Interview gibt er Einblicke in seine Visionen und spricht über die Bedeutung von bürgerschaftlichem Engagement für die Kulturszene der Stadt.

Delta im Quadrat: Herr Riehle, wie fördern Sie die kulturelle Vielfalt in Mannheim und welche Strategien verfolgen Sie, um unterschiedliche kulturelle Gruppen in die städtischen Programme einzubeziehen?

Thorsten Riehle: Das ist eine sehr umfassende Frage. Grundsätzlich liegt es in der Verantwortung der Stadt, finanzielle Mittel bereitzustellen, um kulturelle Projekte zu unterstützen. Der Prozess ist technisch: Einzelpersonen oder Institutionen kommen mit Ideen auf uns zu und wir prüfen, ob diese in unsere Programme passen. Je nachdem gibt es entweder Projektmittel für kleinere Vorhaben oder institutionelle Förderung für größere Einrichtungen. Das Kulturamt verwaltet die Gelder und legt Rechenschaft über die Verwendung ab. Mir ist es besonders wichtig, die kulturelle Vielfalt in Mannheim zu bewahren. Wir haben hier eine breite Palette an Kulturangeboten, angefangen bei Jazzclubs wie dem Ella & Louis bis hin zu Kulturzentren wie der Alten Feuerwache. Auch kleinere Spielstätten spielen dabei eine große Rolle. In den letzten Jahren haben wir allerdings festgestellt, dass wir zu wenig Augenmerk auf Clubs gelegt haben, obwohl diese zur kulturellen Vielfalt beitragen. Besonders die Nachtökonomie, etwa im Jungbusch, gehört hier dazu. Leider gibt es in der Innenstadt nur noch wenige Clubs, aber um das zu unterstützen, haben wir die Förderung für Live-Musik-Spielstätten von 30.000 auf 100­.000 Euro erhöht. So können wir sicherstellen, dass die kulturelle Vielfalt weiterlebt.

DiQ: Gibt es besondere Ansätze, um die freie Künstlerszene in Mannheim zu fördern?

TR: Ja, die freie Künstlerszene liegt uns sehr am Herzen. Ein Beispiel sind die „Offenen Ateliers“, bei denen über 80 Kreative ihre Werke zeigen. Das ist eine wunderbare Gelegenheit, um die lokale Szene sichtbarer zu machen. Wir überlegen auch, wie wir die Atelierförderung der Stadt noch gezielter einsetzen können. Darüber hinaus gibt es den Port 25 – Raum für Gegenwartskunst, der speziell dafür geschaffen wurde, die lokale Kunstszene zu unterstützen. Die Galerie leistet großartige Arbeit, um diese Künstlerinnen und Künstler zu fördern.

DiQ: Inwiefern hat die Digitalisierung die Kulturszene in Mannheim beeinflusst und welche neuen Möglichkeiten sehen Sie für Künstlerinnen und Künstler in der digitalen Welt?

TR: Die Digitalisierung hat die Kulturszene auf viele Arten verändert. In der Musik arbeitet man heute oft mit Tablets statt mit traditionellen Notenblättern, und viele Künstlerinnen und Künstler nutzen digitale Technologien. Auch Künstliche Intelligenz ist ein spannendes Thema: Wenn eine KI ein Bild malt oder Musik komponiert, stellt sich die Frage, ob das als Kunst gilt. Solche Fragen werden auch an der Popakademie diskutiert. Aus Verwaltungssicht ermöglicht uns die Digitalisierung, transparenter zu arbeiten. Beispielsweise könnten Anträge für Kulturförderung digital eingereicht werden, und Antragsteller sollten automatisch Rückmeldungen erhalten, warum ihr Projekt gefördert wurde oder nicht. Das erleichtert den gesamten Prozess und gibt den Kulturschaffenden mehr Einblick.

DiQ: Welche Rolle spielen Kunst und Festivals in Ihrer Vision für die Kulturstadt Mannheim, und welche neuen Veranstaltungen sind geplant?

TR: Festivals sind ein zentraler Bestandteil unserer Kulturstadt. Ein großes Vorhaben, das wir planen, ist ein Chorfestival, das ganz Mannheim miteinbezieht. Die Bundesgartenschau hat gezeigt, wie erfolgreich solche Events sein können. Wir veranstalten auch das „Spinelli Testival“, ein Festival, das kulturellen Akteuren in der U-Halle auf dem ehemaligen BUGA-Gelände Raum gibt, um ihre Werke zu präsentieren. Besonders interessant finde ich die Idee, Kirchengebäude für kulturelle Zwecke zu nutzen. Viele dieser Räume werden nicht mehr als Kirchen genutzt, bieten aber wunderbare Möglichkeiten für kulturelle Veranstaltungen und bürgerschaftliches Engagement. Die Epiphaniaskirche in Feudenheim wurde zur Kulturkirche und Trinitatis in G4 zum EinTanzHaus. Es ist wichtig, solche Räume in die Kulturplanung einzubeziehen, um ihnen eine neue Bedeutung und den Menschen einen Ort des Austauschs zu geben.

DiQ: Wie wichtig ist das Engagement der Bürgerinnen und Bürger für die kulturelle Entwicklung Mannheims und welche Initiativen plant die Stadt, um dieses Engagement zu fördern?

TR: Solches Engagement ist absolut entscheidend für die kulturelle, aber auch soziale Entwicklung Mannheims! Viele Menschen sind bereits ehrenamtlich in Chören, Musikvereinen, sozialen Einrichtungen oder anderen Initiativen aktiv. Ein tolles Beispiel ist das „Glückspaten“-Projekt, bei dem Bürgerinnen und Bürger Weihnachtsgeschenke für Kinder aus finanziell schwachen Familien spenden. Solche Projekte möchte ich gerne auch in anderen Stadtteilen unterstützen. Ich sehe die Rolle der Stadt dabei vor allem als Vermittler, der bürgerschaftliches Engagement und kulturelle Projekte zusammenbringt und unterstützt, damit möglichst viele Menschen teilhaben können.

 


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