Leben im Delta
Marchivum: FAMI! ... Wie bitte?
FAMI? Hinter diesen vier Buchstaben verbirgt sich ein interessanter Beruf, den man unter anderem im Marchivum, Mannheims Archiv, Haus der Stadtgeschichte und Erinnerung, erlernen kann. Die Abkürzung steht für „Fachangestellte*r für Medien- und Informationsdienste“: Medien sind im Grunde Dinge, die uns Informationen überbringen, also z. B. Bücher, Filme oder Videospiele. Diese werden bearbeitet und verzeichnet. Darüber hinaus ist die Kernaufgabe eines Archivs das Bereitstellen von Informationen für die Öffentlichkeit, was dem Informations-Teil des Berufes entspricht. FAMI ist ein sehr junger Beruf, denn er wurde erst 1998 in Deutschland als Ausbildungsberuf anerkannt. FAMIs gibt es im Archiv, in Informations- und Dokumentations-Stellen (z.B. im Rundfunk), in der Medizinischen Dokumentation, in Bildagenturen und in anderen Institutionen wie Museen. Die Ausbildung für die verschiedenen Bereiche unterscheidet sich nicht nur in den Fachrichtungen selbst, sondern auch darin, wer die Kunden sind, welche Bestände sie haben und mit welchen Einrichtungen sie zusammenarbeiten. In den Aufgaben sind sie sich alle ziemlich ähnlich, wenn nicht sogar gleich. Um ein Beispiel zu zeigen: Das Marchivum bekommt Bestände zugeteilt – meistens liegen nur Akten vor, aber es können auch Mischbestände sein. Diese werden bearbeitet, gegebenenfalls werden Schriftstücke vernichtet. Wie in allen anderen Fachrichtungen werden auch im Archiv Kundenanfragen bearbeitet, nur kommen im Archiv meistens noch Personenrecherchen dazu. Für das Archiv besonders ist die „Archivaufgabe“. Das bedeutet, dass Medien auf Dauer aufbewahrt und für die Nachwelt erhalten werden – allerdings haben nicht nur Archive diese Aufgabe, sondern auch wissenschaftliche Bibliotheken. Das Archiv formt somit die Sichtweise auf die Vergangenheit, da wir bei der Arbeit entscheiden, was archiviert wird und was nicht. Viele, fast alle, Archivalien sind Unikate, und deswegen sind sie sehr wertvoll. Falls eine dieser Archivalien jemals vernichtet wird, ist sie unwiederbringlich verloren.
Allerdings gibt es Möglichkeiten, dem Verlust von Schriftgut entgegenzuwirken: Die Digitalisierung nimmt eine große Rolle im Archivleben ein. Akten und Bücher werden eingescannt und digital angeboten, damit alle auf die Informationen zugreifen können, ohne dass die Archivalien in irgendeiner Form beschädigt werden. Falls das Original vernichtet wäre, so gäbe es danach immer noch die Möglichkeit der Einsichtnahme. Außerdem ist die Verpackung der Archivalien besonders wichtig zur Vorbeugung von Schäden – korrekt verpackt können sie lange haltbar gemacht und gesichert werden.
Der Weg zum Beruf des FAMIs sieht aus, wie in vielen anderen Ausbildungen auch. Neben der praktischen Ausbildung im jeweiligen Betrieb gehört auch die schulische Ausbildung. Im Falle des Marchivum wäre das die Hermann-Gundert-Schule in Calw. Sie ist eine der wenigen Schulen, die diesen Ausbildungsberuf anbieten, und die einzige im Südwesten. Viele Schülerinnen und Schüler absolvieren zusätzlich während der Ausbildung noch die Fachhochschulreife.
Im Archiv, vor allem einem wie dem Marchivum, zu arbeiten ist äußerst abwechslungsreich und interessant. Vor allem das hauseigene Digitalisierungszentrum, die öffentlichen Führungen durch die Magazine, die beeindruckenden Bestände und die zahlreichen Veranstaltungen machen die an sich schon spannende Ausbildung zu etwas Besonderem. Mannheims Stadtarchiv wurde 1907 gegründet. Am 01.03.2018, mit dem Umzug in den Ochsenpferchbunker, kam das Marchivum zum neuen Standort und Namen. Das Marchivum ist Teil der Stadtverwaltung und für die Archivierung der Akten der Stadtverwaltung zuständig. Allerdings werden auch andere für die Geschichtsschreibung Mannheims relevante Bestände gepflegt und als „Bürgerarchiv“ der Bevölkerung zugänglich gemacht. Außergewöhnlich ist jedoch, dass das Marchivum sich durch die zahlreichen Veranstaltungen und Ausstellungen vom klassischen Bild eines Archivs abhebt. So konnte mit der im November 2021 eröffneten Stadtgeschichtlichen Dauerausstellung „Typisch Mannheim!“ eine Lücke in der Mannheimer Kulturlandschaft geschlossen werden; 2022 kommt dann das imposante NS-Dokumentationszentrum hinzu.
Weiterführende Informationen zum Beruf finden sich auch auf der Homepage des Berufsverbands Information Bibliothek e.V. (BIB):