Leben im Delta
Markthaus Mannheim
Man kennt es: Beim Aufräumen fällt einem ein Teil in die Hände, zu schade zum Wegwerfen, aber eben auch nichts, was man noch braucht. Vielleicht passt das Kleidungsstück nicht mehr, die alte Küchenmaschine wurde von einem nigelnagelneuen Modell abgelöst, das Sortiment an Tassen wird immer größer und größer… Man kennt aber auch eine andere Situation: Eine neue Hose soll her, die Küchenmaschine tut nicht mehr, und für den Kollegen sucht man noch nach einem ganz speziellen Kaffeebecher, der einfach unverwechselbar gut zu ihm passt. Die Lösung für beide Fälle: Das Markthaus Mannheim, ein Secondhand-Kaufhaus, das auf vielerlei Weise den Nachhaltigkeitsgedanken mit Leben füllt. Wie genau? Das erzählt uns Henrike Zeilfelder im Interview!
Delta im Quadrat, Tim Fischer: Hallo Frau Zeilfelder, können Sie bitte sich und Ihre Aufgaben als Leiterin des Markthaus Mannheim kurz vorstellen?
Henrike Zeilfelder: Ich bin seit August 2020 im Markthaus, zunächst als Prozessmanagerin und seit kurzem als Gesamtleitung. Ich bin die Schnittstelle zwischen den Kolleginnen und Kollegen vor Ort, der Geschäftsführung und den anderen Teilen der GBG-Gruppe. Zu meinen Aufgaben zählen die Wirtschaftsplanung, diverse Projekte, Marketingmaßnahmen, Qualitätsmanagement, Personalthemen und noch vieles mehr. Im Markthaus ist immer etwas los und es wird nie langweilig. Gemeinsam mit dem gesamten Team sorge ich dafür, dass alles rund läuft.
DiQ: Welche Philosophie steckt hinter dem Markthaus? Was macht das Besondere für Sie bei Ihrer Arbeit aus, auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit Menschen mit einem Handicap?
HZ: Im Markthaus können Menschen mit und ohne Behinderung als Team zusammenarbeiten und durch unsere Secondhand-Läden gleichzeitig noch etwas zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft beitragen. Für mich ist das Besondere, dass wir mit unserer Arbeit Gutes für Mensch und Umwelt tun können. Wir leben Inklusion und können somit Vorbild für andere Unternehmen und die Gesellschaft sein. Vielfalt wird bei uns großgeschrieben und eben diese Unterschiedlichkeit macht auch unseren Erfolg aus: Alle tragen mit ihren individuellen Fähigkeiten und Stärken dazu bei. Natürlich müssen auch wir auf die Zahlen achten und einen Rahmen vorgeben, aber innerhalb dieses Rahmens können wir stärker auf die einzelnen Menschen eingehen. Wir sind ein tolles Team und es macht wirklich Spaß, bei Markthaus zu arbeiten!
DiQ: Woher beziehen Sie Ihre Produkte und was kann man alles beim Stöbern entdecken? Was macht das Markthaus so einzigartig?
HZ: Unsere Waren in den Secondhandläden beziehen wir über Spenden von Privatleuten, ab und zu auch mal von Geschäftsauflösungen oder aus Überschüssen von anderen Läden. Bei uns findet man eigentlich alles, was die Menschen brauchen – oder auch nicht brauchen. Egal, ob ein schickes Kleid für die nächste Hochzeitsfeier, eine neue Lieblings-Jogginghose für daheim, ein Kuscheltier fürs Patenkind, der Buchvorrat für den Sommerurlaub, das richtige Geschirr für die Gartenparty oder ein gemütliches Sofa fürs Mittagsschläfchen... Einzigartig ist, dass die Kundinnen und Kunden bei uns so richtig ausgiebig stöbern dürfen. Mit Hektik kommt man bei uns nicht weit! Wir sind zwar gut sortiert, jedoch weiß man nie, was einen erwartet, denn wir haben nur die Dinge im Sortiment, die vorher jemand anderes bei uns abgegeben hat. Ich habe schon häufig Grüppchen beobachtet, die mehrere Stunden bei uns verbringen und den Einkauf zu einem richtigen Event machen. Man kann also sagen, dass wir Erlebnis-Shopping anbieten. In unseren Lebensmittelmärkten arbeiten wir übrigens mit REWE und regionalen Lieferanten zusammen. So haben wir immer ein frisches und preiswertes Angebot zentral vor Ort.
DiQ: Fertigen Sie auch Stücke selbst oder was kann man sich unter „Upcycling“ genau vorstellen?
HZ: Wir produzieren selbst nicht und für das Upcycling sind eher unsere Kundinnen und Kunden zuständig. Wir haben sehr kreative Personen darunter, die z.B. günstig viele Jeans bei uns kaufen und daraus eine wunderschöne Patchwork-Decke nähen oder die Möbelstücke selbst verschönern oder aufwerten. Da wir ein treues Stammpublikum haben, erhalten wir manchmal auch Fotos von den Kunstwerken. Es ist schön zu sehen, was man aus den abgelegten Dingen anderer Menschen noch alles Tolles zaubern kann!
DiQ: An wen richtet sich das Angebot?
HZ: Unser Angebot richtet sich an alle, die Lust auf Secondhand haben. Bei uns kann jeder günstig und nachhaltig einkaufen.
DiQ: Wie kann man selbst spenden oder sich engagieren?
HZ: Im Prinzip kann uns jeder unterstützen. Gut erhaltene Sachspenden wie z.B. Kleidung, Geschirr oder Spiele können Montag bis Samstag zu unseren Öffnungszeiten in unserer Spendenannahme in Neckarau abgegeben werden. Dabei gilt das Motto: Wir können nur Dinge annehmen, die auch noch jemand kaufen möchte – also sauber und funktionsfähig. Über unsere Homepage kann man uns auch direkt etwas spenden. Bei uns engagieren sich zudem immer einige interessierte Menschen ehrenamtlich und unterstützen die Kolleginnen und Kollegen z.B. in der Spendensortierung oder im Verkauf. Bei uns wird es nie langweilig und man lernt auf jeden Fall einiges dazu. Es gibt immer mal wieder Spenden, bei denen wir erst einmal rätseln müssen, um was es sich eigentlich handelt – der Spaß kommt also auch nicht zu kurz. Und natürlich unterstützt man das Markthaus und den Inklusionsgedanken bei jedem Einkauf in unseren Läden.
DiQ: Haben Sie ein persönliches Lieblingsstück? Wenn ja, welches und warum?
HZ: Na klar. Ich habe mir letztes Jahr im Markthaus einen Herrendiener gekauft. Dieser steht nun in meinem Schlafzimmer und bewacht meine Kleidung. Ich mag an ihm, dass er witzig aussieht und einfach unglaublich praktisch ist. Eine bessere Kombination gibt es nicht!