Leben im Delta
„Nachhaltigkeitsmanagement“ an der HWG LU
Nachhaltigkeit ist als Schlagwort schon seit einiger Zeit in aller Munde, mittlerweile kann man sie auch studieren: Die Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft bietet neue Studiengänge unter diesem Fokus. Prof. Dr. Nikolas Wölfing, Studiengangleiter Bachelor Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Nachhaltigkeitsmanagement, erzählt uns mehr darüber.
Delta im Quadrat: Wieso kann man an der HWG Ludwigshafen in zwei neuen Studiengängen Nachhaltigkeitsmanagement studieren?
Prof. Dr. Nikolas Wölfing: Es ist offenkundig, dass sich die Art und Weise wie wir wirtschaften und leben, grundsätzlich wandeln muss. Das verstehen alle, die mit offenen Augen und einem Ohr für die Wissenschaft durch die Welt gehen. Die Herausforderungen sind vielfältig, der Klimawandel ist nur eine davon. Ein solcher Wandel muss in der Wirtschaft gestaltet und umgesetzt werden. Die Kompetenzen dafür wollen wir auf Bachelor- und Masterniveau vermitteln.
DiQ: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Kompetenzen, die Studierende im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement erwerben sollten, um auf die Herausforderungen der heutigen Wirtschaft angemessen reagieren zu können?
NW: Wir bilden Betriebswirte aus. Ein solides Verständnis für das Funktionieren der Wirtschaft bleibt das Fundament. Eine gute Unternehmensführung hat immer schon den Erhalt der wirtschaftlichen Substanz mitgedacht und damit grundlegende Aspekte der Nachhaltigkeit verstanden. Schließlich stammt der Begriff selbst ja aus der Forstwirtschaft. Doch der bisherige Maßstab für Erfolg ist zu eng. Wir wollen den Blick schärfen, um die Auswirkungen wirtschaftlichen Handelns auf Umwelt und Gesellschaft zu erfassen und im Management berücksichtigen zu können. Der Masterstudiengang bietet dies als Aufbaustudium nach einem ersten wirtschaftswissenschaftlichen Abschluss.
DiQ: Inwieweit sind die Studiengänge im Nachhaltigkeitsmanagement interdisziplinär angelegt und welche Fachbereiche fließen in die Lehrinhalte ein?
NW: Wir sind hier ganz entschieden: Es bleibt ein betriebswirtschaftliches Studium mit allen Kernkompetenzen, die dazu gehören. In der Praxis arbeiten Betriebswirte meist im Team mit anderen Disziplinen, und natürlich vermitteln wir die Kompetenzen dafür. Neu in den Studiengängen für Nachhaltigkeitsmanagement ist, dass in allen Fächern das Verständnis dafür geschaffen wird, wie Unternehmen auf ihre Umwelt einwirken und mit welchen neuen Anforderungen gerechnet werden muss. Machen wir das konkret: Unternehmenserfolg wird meist in den klassischen Kennzahlen von Umsatz und Gewinn erfasst. Was dort nicht steht, ist, welche Treibhausgase während der Produktion entstanden sind oder ob in der vorgelagerten Lieferkette Zwangsarbeit herrscht. Genau solche Informationen werden jedoch mehr und mehr verlangt, vonseiten der Kunden, der Politik, aber auch von Investoren und Finanzinstituten. Hier braucht man Fachleute, die verstehen, wo im Unternehmen solche Themen auftauchen können und wie man diese erfassen kann. Wir berücksichtigen das in Veranstaltungen zu nachhaltiger Wertschöpfung, Nachhaltigkeitscontrolling oder zum Umgang mit IT und Datenanalyse. Darüber hinaus bedeutet ein Studium auch einen Schritt in der Persönlichkeitsbildung. Soft Skills, Ethik und verantwortungsvolles Management sind Teil des Curriculum.
DiQ: Könnten Sie einige Beispiele für erfolgreiche Kooperationen zwischen der Hochschule und Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement nennen? Wie profitieren die Studierenden davon?
NW: Wir sind eine Hochschule für angewandte Wissenschaften mitten in der Metropolregion. Die Kontakte zu Unternehmen vom Mittelständler bis zum Weltkonzern sind sehr gut. Die Studierenden profitieren direkt davon durch die Vermittlung von Praktika und die Möglichkeit, die Abschlussarbeit in Kooperation mit einem Unternehmen zu schreiben. Seit Jahren steigt die Anzahl an Themen mit Nachhaltigkeitsbezug, sei es bei der Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle, beim Schließen von Ressourcenkreisläufen, bei der Nutzung von Wasserstoff oder bei neuen Mobilitätskonzepten. Entsprechende Themen wurden unter anderem mit der BASF, SAP, Audi oder Volocopter bearbeitet. Wir kooperieren aber genauso gerne mit Mittelständlern und Start-Ups oder Unternehmen, die sich als Nachhaltigkeitspioniere verstehen.
DiQ: Welche Berufschancen sehen Sie für Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs und welche Branchen haben besonders großen Bedarf an Fachkräften im Bereich nachhaltiger Wirtschaft?
NW: Die Chancen sehen wir als sehr gut an. Das zeigt sich nicht zuletzt an Unternehmen, die sich bei uns melden, weil sie Werksstudenten mit diesem Schwerpunkt suchen. Da wir vor einer grundlegenden Transformation stehen, beschränkt sich das nicht auf eine Branche, sondern zieht sich durch die gesamte Wirtschaft. Es ist eher so, dass bestimmte Funktionen derzeit stärker nachgefragt werden, beispielsweise im Nachhaltigkeitscontrolling. Wir bilden jedoch Betriebswirte in der Breite aus, die möglichst in allen wirtschaftlichen Funktionsbereichen arbeiten können.
DiQ: Wie fördert die HWG LU internationale Erfahrungen im Rahmen des Nachhaltigkeitsmanagement-Studiengangs und welche Vorteile sehen Sie in einem internationalen Studium in diesem Fachgebiet?
NW: Ein Auslands- oder Praxissemester ist fester Bestandteil des Studiums. Die Hochschule hat ein breites Netzwerk von Partnerhochschulen in Europa von der spanischen Küste bis nach Finnland und weltweit von Asien bis Nordamerika. Alternativ kann man ein Praxissemester absolvieren, um erste Erfahrungen in der Wirtschaft zu sammeln, und auch das geht im Ausland. Wir sehen es als Stärke an, den diversen Hintergründen unserer Studierenden mit mehr oder weniger Praxis- bzw. internationaler Erfahrung diese Vielfalt im Studium bieten zu können.